Gravierende Finanzlücke für Landschaftspflege: Umweltministerium verhängt Mittelstopp bis Mai
18.02.2025
Der bayerische Weg im Naturschutz: Kooperation statt Konfrontation
Bayerns Landschaften sind Kulturlandschaften, die über Generationen von Menschen geprägt wurden. Sie sind oft kleinräumig und von naturverträglicher Nutzung und Pflege abhängig. Aus der starken Heimatverbundenheit der Bevölkerung entsteht auch der Wunsch nach Schutz und Mitgestaltung der Landschaft. Seit knapp 40 Jahren bieten Landschaftspflegeverbände (LPV) Akteuren aus Landwirtschaft, Naturschutz und Kommunen die Möglichkeit, gemeinsam und auf freiwilliger Basis ihre Landschaft zu gestalten. Diese besondere Form des kooperativen Naturschutzes hat sich in Bayern bewährt und wurde erfolgreich auf andere Bundesländer übertragen.
Mit den Landschaftspflege- und Naturparkrichtlinien (LNPR) hat der Freistaat eine entscheidende Fördergrundlage für den kooperativen Naturschutz geschaffen. Sie ist bis heute die wichtigste Säule der Landschaftspflegeverbände und ihrer Partner. Neben dem Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) und weiteren staatlichen Programmen ist die LNPR das beste und flexibelste Instrument, um zielgerichtet die ambitionierten Ziele des Bayerischen Naturschutzgesetzes zu erreichen.
Partner des Umweltministeriums zur Umsetzung bayerischer Naturschutzziele
Die LPV sind neben Naturparken und Naturschutzverbänden die stärksten Partner des Umweltministeriums bei der Umsetzung der LNPR. So setzten sie 2024 über 50% der staatlichen Fördermittel um. Diese Mittel fließen zu 2/3 direkt an Landwirte weiter, die im Auftrag der Landschaftspflegeverbände die praktischen Arbeiten wie Feuchtwiesenmahd, Anpflanzungen oder die Freistellung von artenreichen Weideflächen - zum Teil in Handarbeit - übernehmen.
Seit 2018 wurden mit finanzieller und fachlicher Unterstützung des Umweltministeriums allein 12 neue LPV gegründet, so dass mittlerweile 72 LPV und vergleichbare Organisationen in Bayern Mitglied beim Dachverband (Deutscher Verband für Landschaftspflege) sind. Ihre Aufgaben wurde 2022 durch Ergänzung von Artikel 5 im Bayerischen Naturschutzgesetz noch gestärkt. Erklärtes Ziel der Staatsregierung ist eine flächendeckende Etablierung von LPV in Bayern (Quelle: Biodiversitätsprogramm Bayern 2030), die aktuell schon über 90% der Landesfläche abdecken.
Fördermittel sind gebunden – jährliche Maßnahmen werden ausgesetzt
Aufgrund des Volksbegehrens "Artenvielfalt und Naturschönheit in Bayern - Rettet die Bienen" wurden u.a. mit dem Streuobstpakt und dem Biotopverbund Ziele im Bayerischen Naturschutzgesetz ergänzt und konkretisiert. Darüber hinaus muss Bayern europäische und staatliche Pflichtaufgaben erfüllen. Mit Unterstützung des Umweltministeriums haben sich Landschaftspflegeverbände daher in den letzten Jahren – neben ihren jährlichen Maßnahmen - vermehrt zur Umsetzung von 4-jährigen Förderprojekten verpflichtet. Zum Beispiel sind sie Träger von 12 Projekten zur Anlage und Pflege von Streuobstwiesen im Rahmen des Bayerischen Streuobstpakts. In weiteren Projekten managen sie die Pflege von europäisch geschützten mageren Flachlandmähwiesen. Hierfür sind Mittel im Bayerischen Haushalt vorgesehen und gebunden.
Um Fördermittel zu beantragen, arbeiten Landschaftspflegeverbände eng mit den jeweiligen Fachbehörden der Unteren und Höheren Naturschutzbehörden zusammen. Diese prüfen fachlich sowie verwaltungstechnisch die Anträge, die LPV in der Regel in Winter/Frühjahr des Jahres für anstehende Maßnahmen stellen, und bewilligen die Ausführung. Erst dann können LPV Aufträge vergeben und Pflegemaßnahmen umsetzen. Daher führte es zu großer Verunsicherung, als am 5.12.2024 das Umweltministeriums einen plötzlichen Bewilligungsstopp von Förderanträgen bis Mai 2025 verhängte. Es fehlen Gelder für zahlreiche Maßnahmen, die LPV, Naturschutzverbände und Naturparke im Frühjahr/Sommer 2025 umsetzen wollen. Viele für den staatlichen Arten- und Biotopschutz wichtige und z.T. mit den Regierungen bereits abgestimmte Anträge entfallen.
Eine Ursache kann darin gesehen werden, dass die mit der Pressemitteilung des Umweltministeriums vom 12.2.25 bekanntgegebene Mittelausstattung für 2025 größtenteils bereits gebunden ist. Einerseits für noch nicht ausbezahlte Maßnahmen mit Rechnungen von Pflegearbeiten, die 2024 durchgeführt und vorfinanziert wurden (ein „LNPR-Maßnahmenjahr“ zieht sich in der Regel bis in das nächste Haushaltsjahr hinein). Weitere Mittel sind für die Ausgaben von mehrjährigen Projekten vorgesehen. Für 2025 noch zu beantragende Maßnahmen zum Beispiel für Wiesenbrüterschutz, Obstbaumpflege und -pflanzungen sowie Wiesenmahden und Weidepflege besteht somit eine gravierende Finanzlücke der LNPR-Mittel. Hier schlagen auch fehlende Mittel wegen der Erhöhung der Haushaltssperre von 10 auf 15% sowie den Kürzungen dem Bundeslandwirtschaftsministerium (GAK-Mittel) zu Buche. Erschwerend kommt hinzu, dass die Rahmendaten des Doppelhaushalts 2026/27 ausstehen.
Vertrauen nicht aufs Spiel setzen - Mittel aufstocken!
Die aktuelle Finanzlücke wird von den Naturschutzverbänden, den Naturparken und den Landschaftspflegeverbänden auf ca. 18 Millionen Euro geschätzt. Diese missliche Finanzlage gefährdet die Landschaftspflege in Bayern existenziell. Zudem trifft sie auch Kommunen und landwirtschaftliche Betriebe, die sich auf diese Mittel verlassen, Zusatzverdienste für ihre Arbeit daraus gewinnen und teils mit teuren Maschinen in Vorleistung gehen. Das über Jahrzehnte aufgebaute Vertrauen wird auf eine große Probe gestellt.
Die Fördermittel müssen im Nachtragshaushalt 2025 ausreichend aufgestockt werden!
Auch im Doppelhaushalt 26/27 muss der Mittelansatz für Naturschutz und Landschaftspflege - trotz zu erwartender sinkender Steuereinnahmen - deutlich wachsen und darf nicht stagnieren!
Nur dann kann Bayern die Ziele, die sich die Staatsregierung gesetzt hat, auch erfolgreich umsetzen. Die Landschaftspflegeverbände stehen dafür als verlässliche Partner zur Verfügung.
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